Antibiotikagabe regulieren!

Die Politik muss die Antibiotika-Vergabe an Tiere massiv eindämmen

Die bisherigen gesetzlichen Maßnahmen reichen bei Weitem nicht aus und hinken der Realität in der industriellen Tierhaltung hinterher, es fehlt an gesetzlichen Regelungen und vor allem an Kontrollen (!). Fakt ist, in der industriellen Massentierhaltung werden in den meisten EU-Ländern und leider auch in Deutschland nach wie vor extrem große Mengen an Antibiotika inklusive Reserveantibiotika eingesetzt.
Erkrankt ein Tier, erhält die gesamte Tiergruppe im Stall Antibiotika (Metaphylaxe). Die hoher Vergabe von Antibiotika in Mastställen hat nachweislich zu einer steigenden Anzahl von multiresistenten Keimen geführt.
Laut einem Bericht der European Medicines Agency werden über 91 Prozent der Antibiotika in der europäischen Landwirtschaft an ganze Tiergruppen verabreicht.

In Deutschland kommen jährlich mehr als 540 Tonnen ins Futter oder über sog. Medikatoren in die Tränksysteme. In nordischen Ländern, z.B. Schweden ist die routinemäßige Vergabe von Antibiotika an ganze Tiergruppen verboten, hier werden Tiere individuell therapiert.

Laut der neuen EU- Tierarzneimittelverordnung von 2022 sollen Antibiotika zwar nur an kranke Tiere gegeben werden, in Ausnahmefällen ist jedoch auch die vorbeugende Gabe von Antibiotika möglich. Antibiotika können auch an die ganze Herde vorbeugend gegeben werden, wenn ein anderes Tier in der Herde Symptome zeigt (der Fachbegriff dafür ist »Metaphylaxe«), Damit ist der Antibiotikaverbrauch in der Massentierhaltung nach wie vor ein großes Problem.


Eindämmung der Antibiotika-Vergabe

Die EU-Kommission, der Europäische Rat und das EU-Parlament haben sich nach acht Jahren Verhandlung auf ein neues Tierarzneimittelgesetz geeinigt, das im Januar 2022 in Kraft getreten ist. Es wird entscheidend mit dazu beitragen, wie der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast in den kommenden Jahren gestaltet wird. Zwar gibt es nun strengere Vorgaben, was die Anwendung von Antibiotika in der Landwirtschaft anbelangt, aber zu einem grundsätzlichen Verbot der von der WHO als besonders kritisch einzustufenden Wirkstoffe konnte man sich nicht durchringen. Das ist leider eine schlechte Nachricht für den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen.
In Anbetracht der rasant zunehmenden Antibiotika-Resistenzen, zig-Tausend Toten und der zunehmend katastrophalen Entwicklung ist das nicht hinnehmbar. Es geschieht politisch definitiv zu wenig und zu langsam.

Wir wollen nicht mit multiresistenten Keimen baden gehen!

Wir brauchen auch dringend flächendeckende gesetzliche Kontrollen von verseuchten Gewässern und Böden durch antibiotika-resistente Keime. Die Situation ist alarmierend. Der Nachweis von multiresistenten Keimen in den Gewässern u.a. in Niedersachsen, dem Bundesland mit einer enorm hohen Dichte an Massentierställen, überrascht keineswegs.

Mit 50 Prozent aller Masthühnchen und einem Drittel aller Legehennen und Schweine in Deutschland ist Niedersachsen ein Zentrum für industrielle Massentierhaltung. Längst müssten derartige Untersuchungen flächendeckend in ganz Deutschland vorgenommen werden.